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Nachgefragt: Was macht eigentlich … ein Bauüberwacher?

Stefan Baumann ist Projektmanager, Schienenexperte und Diplomat in einer Person. Er sorgt als Bauüberwacher im Projekt S5 dafür, dass alles glatt läuft – vor allem, wenn etwas Außerplanmäßiges geschieht.

Stefan Baumann ist Projektmanager, Schienenexperte und Diplomat in einer Person. Er sorgt als Bauüberwacher im Projekt S5 dafür, dass alles glatt läuft – vor allem, wenn etwas Außerplanmäßiges geschieht. Und das ist bei einem Großprojekt mit bis zu einem Dutzend unterschiedlicher Firmen auf der Baustelle oft der Fall. Im Interview erzählt er, wie er die vielfältigen Arbeiten am Gleis koordiniert, Konflikte zwischen Baufirmen löst und ob er seinen Kindern den Job empfehlen würde.

Stefan Baumann überwacht die Baustellen des Projekts S5

In Warnschutzjacken auf dem Weg zur Baustelle in Quickborn/Ellerau

5 Fragen an Stefan Baumann

Woher kommt Ihr Interesse für das Bauwesen und wie sind Sie zum Bauüberwacher für das Projekt S5 geworden?

Als Kind habe ich gerne mit meinem Vater zusammen Dinge gebaut und gehandwerkelt, diese Leidenschaft ist bis heute geblieben. Nach dem Abitur war klar: Ich werde Bauingenieur. Direkt nach dem Studium habe ich in einem kleinen Ingenieurbüro begonnen und eine Spezialausbildung zum „Bauüberwacher Bahn“ gemacht. Der Kontakt zur AKN entstand vor sechs Jahren über den Bau des Instandhaltungswerkes in Eidelstedt und der zugehörigen Zugbildungsanlage, die die S-Bahn Hamburg zusammen mit der AKN durchgeführt hat. Das war eines meiner Lieblingsprojekte! Ein großartiges Team, drei Jahre intensive Arbeit und am Ende diese große Werkhalle mit Abstellanlage für die S-Bahnen. Die zeige ich im Vorbeifahren auch heute noch stolz meinen Kindern. An solchen Bauwerken beteiligt gewesen zu sein, macht diesen Job besonders für mich.

Bis so ein Projekt umgesetzt ist, sind einige Herausforderungen zu meistern. Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag bei Ihnen aus?

Relativ sicher bin ich an drei Tagen im Büro und an zwei auf der Baustelle, immer als Brücke zwischen Projektleitung und Baufirmen. Alles andere variiert. Jeder Tag ist durchgeplant, aber es tauchen oft neue Hindernisse auf. Vor kurzem sind wir beispielsweise beim Tieferlegen der Bahnstrecke auf ein unbekanntes Fundament gestoßen – direkt unter der A23-Brücke in Eidelstedt. In diesen Situationen müssen wir schnell Lösungen finden, weil Stillstand kostet. Qualität und Sicherheit müssen dabei natürlich gewährleistet bleiben. Für die Fundament-Frage haben wir uns mit allen beteiligten Firmen ausgetauscht und schließlich entschieden: Das kann weg. Der Abriss hat nur einen Tag gedauert, die Abstimmung eine Woche. Das verdeutlicht die wahrscheinlich größte Herausforderung beim Projekt S5: die Komplexität. Wir arbeiten mit bis zu zwölf unterschiedlichen Firmen auf einer Baustelle.

Wenn viele Firmen gleichzeitig arbeiten, birgt das Konfliktpotenzial. Wie gehen Sie mit Meinungsverschiedenheiten auf der Baustelle um?

Beim Bau herrscht schon mal ein rauer Ton. Wenn einem Baggerfahrer der Weg versperrt ist, kommt es zu Stress. Das ist ok. Da ist es dann unsere Aufgabe, alle an einen Tisch zu holen und eine pragmatische Lösung zu finden. Eine erfolgserprobte Strategie ist, den Gemeinschaftsgedanken zu aktivieren. Trotz unterschiedlicher Aufgaben gibt es auf der Baustelle ein gemeinsames Interesse: Wir wollen das Projekt erfolgreich fertigstellen. Wenn das wieder allen bewusst ist, finden sich fast immer Lösungen. Falls nicht, muss die Projektleitung einschreiten. Das war beim Projekt S5 bislang allerdings nicht nötig, wir arbeiten mit sehr zielorientierten Firmen zusammen.

Wie hat sich Ihr Job in den letzten zehn Jahren verändert?

Kommunikation und Verwaltung sind viel aufwendiger und komplexer geworden. Früher gab es wöchentlich eine Baubesprechung vor Ort, um alles Wesentliche zu klären. Vielleicht gab es zwei, drei Abstimmungstelefonate im Nachgang. Heute nutzen die Firmen den direkten Zugriff auf die Bauherren und schicken sofort Fotos und Mails, wenn etwas passiert – und sie erwarten eine prompte Reaktion. Bei bedeutenden Angelegenheiten ist das wichtig, aber oft sind es Bagatellsachen. Früher gab es mehr Entscheidungsfreude und den Willen, Lösungen direkt auf der Baustelle zu suchen.

Letzte Frage: Würden Sie Ihren Kindern den Job empfehlen?

Auf jeden Fall. Ich würde den Job weiterempfehlen, weil er so breit gefächert ist. Jeder Tag ist anders. Er ist zeitintensiv, kann stressig werden und erfordert eine gewisse Leidensbereitschaft. Ich kann mich als Leiter nicht wegducken, wenn am Wochenende das Telefon klingelt. Aber man hat immer mit Menschen zu tun und lernt neue Persönlichkeiten kennen. Außerdem erlebt man ein gutes Gleichgewicht aus Bürotätigkeit und praktischer Arbeit an der frischen Luft. Und am Ende gibt dieser Job enorm viel zurück. Es entsteht ein Produkt, das wir als Team gebaut haben. Wenn die Eisenbahn dann fährt, denke ich: Wir haben es geschafft.