Nachgefragt: Was macht eigentlich … ein bodenkundlicher Baubegleiter?
Thomas Boche war schon immer fasziniert von der Zusammensetzung der Erdkruste. Beim Projekt S5 sorgt er dafür, dass mineralische Abfälle wie Bauschutt und Boden optimal verwertet und die vielfältigen Böden der Baustelle geschützt werden.
Im Interview erzählt er, wie der Boden entlang der S5 beschaffen ist, wie sogenannter Mutterboden geschützt wird und warum er beim Strandbesuch eine andere Perspektive hat als seine Freunde.
Thomas Boche kennt und schützt die mineralischen Bestandteile im Boden und auf der Baustelle des Projekts S5.

5 Fragen an Thomas Boche
Woher kommt Ihr Interesse für bodenkundliche Baubegleitung und wie sind Sie zu dem Job gekommen?
Geologie hat mich schon immer fasziniert. In der Schule war Erdkunde eines meiner Lieblingsfächer. Wenn es um Fossilien, Plattentektonik oder Gebirgsbildung ging, habe ich aufmerksam zugehört. Auch in der Freizeit hat sich diese Leidenschaft gezeigt. Wenn ich mit Freunden Strandurlaub gemacht habe, haben die alle ihren Blick auf das Meer gerichtet und ich habe die Küstenfelsen und Steine betrachtet. Mein Geologie-Studium war also ein logischer Schritt. Ein Randbereich dort war die Bodenkunde. Und jetzt berate ich seit über 20 Jahren auf Baustellen bei geotechnischen Fragen.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie beim Projekt S5 aus? Welche Aufgaben stehen im Fokus?
Unsere Hauptaufgabe ist die Abfallbegleitung. Beim Neu- und Ausbau der Bahnsteige auf der Strecke fallen diverse Bauabfälle mit mineralischen Elementen an, zum Beispiel alte Bahnsteige und abgetragener Boden. Die Baufirmen trennen die Abfälle, wir schicken die Materialien zur Beprobung ins Labor, und dann schauen wir, was wir damit anfangen können. Wir versuchen möglichst viel Material wieder einzusetzen oder zu recyclen, einen kleinen Teil müssen wir fachgerecht beseitigen. Auch wenn es tief in den Boden geht, ist unsere Expertise beim Projekt S5 gefragt. Für die Oberleitungsmasten, die momentan gebaut werden, muss bis zu zehn Meter tief gebohrt werden. In der Tiefe stoßen wir zwar noch nicht auf Dinosaurierknochen, aber durchaus auf vielfältige Bodenbeschaffenheiten.
Wie haben die Bodenbeschaffenheit die Bauarbeiten beim Projekt S5 beeinflusst? Gibt es spezifische Bodenarten, die besonders relevant sind?
Die Böden in Norddeutschland sind geprägt durch mehrere Eiszeiten und sehr vielfältig. Beim Projekt S5 haben wir es vor allem mit zwei Bodenarten zu tun: sandig und lehmig. Der Übergang vom einen zum anderen kann sehr abrupt kommen und 100 Meter später schon wieder wechseln. Sandige Böden sind in der Regel gut zum Bauen. Sobald Lehm im Spiel ist, kann es problematisch werden – vor allem wenn Wasser dazukommt. Feuchter Lehmboden weicht auf, wenn Bagger darauf fahren, also müssen wir Maßnahmen ergreifen. Eine einfache und häufig gewählte Lösung: möglichst wenig darauf fahren. Außerdem können wir Kalk in den Boden einarbeiten und ihn so verfestigen – was aber aufwendig und teuer ist. Die häufigste Lösung ist eine Baustraße, mit der wir die Bodeneigenschaften schützen, insbesondere bei Mutterboden.

Mit dem Einbau einer Baustraße wird Mutterboden zwischen Quickborn und Ellerau vor der Last der Baufahrzeuge geschützt.
Was ist Mutterboden und wie wird der durch eine Baustraße geschützt?
Mutterboden, auch Oberboden genannt, befindet sind meist auf Flächen, die noch nicht bebaut wurden. Beim Projekt S5 wurde auf diesen Flächen teilweise ein neues Gleis gebaut, weil dort jetzt zwei Gleise erforderlich sind. Aber andere Bereiche werden während den Bauarbeiten nur als Wege für die Baufahrzeuge benötigt und später wieder freigegeben. Dort ergreifen wir Maßnahmen, um den Boden so gut es geht zu schützen. Dabei geht es meist um möglichst schonende Lastverteilung. Eine Option sind die Baustraßen. So eine haben wir zwischen Quickborn und Ellerau gebaut. Zuerst legen wir dafür ein Trennvlies wie eine Art große Decke über den Mutterboden, dann kommt eine Schicht Tragschichtmaterial darauf. Nach den Bauarbeiten kann die Baustraße dank des Trennvlieses einfach zurückgebaut werden und der Boden ist wieder frei.
Wie sehen Sie die Zukunft der bodenkundlichen Baubegleitung?
Die bodenkundliche Baubegleitung, bei der es darum geht, den vorhandenen Boden bestmöglich zu schonen, gibt es mit dieser Bezeichnung erst seit rund fünf Jahren und wird ein immer wichtigerer Aspekt der geotechnischen Beratung. Behörden legen von Jahr zu Jahr mehr Wert auf diesen Aspekt – besonders, wenn im Umfeld von schützenswertem Boden gebaut wird. Ein Paradebeispiel dafür sind Solarparks. Die entstehen häufig dort, wo vorher nicht gebaut wurde. Wir helfen dabei, dass die Anlagen sicher stehen und der Boden rundherum geschützt bleibt. Es ist also auf jeden Fall ein Job mit Zukunft.